Bauherrenpflichten
Dem Bauherrn obliegen folgende Pflichten nach der Baustellenverordnung:
Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze nach § 4 Arbeitsschutzgesetz bei der Planung der Ausführung
Ankündigung des Vorhabens bei der Behörde (Hinweis: die Vorankündigung muss spätestens 2 Wochen vor Baubeginn bei der zuständigen Behörde vorliegen!)
Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes (SigePlan)
Bestellung eines geeigneten Koordinators
Zusammenstellung einer Unterlage für spätere Wartungsarbeiten Überwachung der Einhaltung der Belange von Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz
Grundlagen / Gesetze
Auf Baustellen ist Deutschland ist die Unfallhäufigkeit mehr als doppelt so hoch wie im Durchschnitt der gewerblichen Wirtschaft. Unfälle auf Baustellen haben zudem auch meist deutlich schwerere Folgen. Die Berufsgenossenschaften der Bauwirtschaft wenden derzeit das Dreifache an Unfallrenten im Vergleich zu Berufsgenossenschaften der übrigen Wirtschaft auf. Ähnlich ist die Situation bei Berufskrankheiten.
Die Erhöhung des Niveaus der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes im Bauwesen ist ein dringendes Gebot. Das Arbeitsschutzgesetz von 1996 lenkt die Blickrichtung auf Methoden und Verfahren der Präventionsarbeit die sich auf die betriebliche Organisation und die Betriebsabläufe konzentriert. Das Arbeitsschutzrecht setzt zur Verwirklichung dieser Ziele drei Schwerpunkte:
1. die umfassende Ermittlung und Beurteilung von Gefährdungen
2. die Einbettung der zur Beseitigung dieser Gefährdungen erforderlichen Maßnahmen in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess
3. die Forderung nach einer geeigneten Arbeitsschutzorganisation auf allen Ebenen und in allen Bereichen des Unternehmens
Als ein wichtiges Instrument für die Erreichung vorgenannter Ziele steht dem Bauherren die Verordnung für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen zur Verfügung, welche u.a. die Bestellung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutz Koordinators durch den Bauherren für die Planung und Ausführung des Bauvorhabens vorgibt.
Rechtliche Grundlagen:
Das Europäische Arbeitsschutzrecht
Die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Marktes, verpflichtet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU), Regelungen zur einheitlichen Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen zu schaffen. Die von der EU erlassenen Richtlinien sind dem Charakter gemäß den Artikeln der europäischen Verträge nach entweder verbindlich oder sie stellen Mindeststandards für bestimmte Bereiche dar. In jedem Fall aber sind sie von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umzuwandeln.
Für den Arbeitsschutz haben mehrere Artikel des EG-Vertrages von 1997 (Amsterdamer Vertrag) Bedeutung.
Der soziale Bereich ist in den Artikeln 137 und 138 des Vertrages geregelt. Die auf dieser Basis erlassenen Richtlinien dienen der Verbesserung der Arbeitsumwelt, es werden Mindeststandards festgelegt. Basisrichtlinie des Artikels 138 ist wiederum die Arbeitsschutz - Rahmenrichtlinie 89/391/EWG vom 12. Juni 1989.
In dieser Richtlinie wird ein allgemeines Mindestniveau für die Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern bei der Arbeit beschrieben. Auf der Grundlage des Artikels 16 "Einzelrichtlinien - Änderungen" dieser Rahmenrichtlinie ist der EU-Rat ermächtigt, Einzelrichtlinien zur Verbesserung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz zu erlassen. Es wurden bisher Einzelrichtlinien erstellt, für z.B. folgende Bereich:
· Arbeitsstätten
· Benutzung persönlicher Schutzausrüstung
· Heben und Tragen von Lasten
· Baustellen (92/57/EWG)
· Umgang mit Gefahrstoffen
Diese Einzelrichtlinien sind durch die Mitgliedstaaten ebenfalls in nationales Recht umzuwandeln.
Die Europäische Baustellen - Richtlinie
Ziel der Baustellen Richtlinie ist die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen.
Sie wurde am 24. Juni 1992 vom Rat der EU verabschiedet.
Die Baustellenrichtlinie führt erstmals in der Geschichte der Arbeitsschutzgesetzgebung einen Normadressaten ein, der nicht im klassischen Sinne der Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerseite zuzuordnen ist, den Bauherren.
Es wird davon ausgegangen, dass der Bauherr, als Veranlasser eines Bauvorhabens dafür Sorge zu tragen muss, dass bei der Planung und Ausführung eines Bauvorhabens Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten beachtet werden muss. Da der Bauherr grundsätzlich keine spezielle Ausbildung oder besondere Voraussetzungen mitbringen muss, erhält er die Vorgabe diese Defizite in den Bereichen der Sicherheit und Gesundheitsschutz auszugleichen, indem er eine Person zu seiner Unterstützung bestellt - den Koordinator nach Baustellenverordnung (ugspr. SiGeKo)
Der Koordinator nach Baustellenverordnung (SiGeKo) soll als Berater und Überwacher tätig werden.
Sein Arbeitsinstrument ist der Sicherheits- und Gesundheitsschutz Plan. Weiterhin muss er die Unterlage für spätere Arbeiten am Bauwerk zusammenstellen.
Diese beiden Dokumente sind in der Planungsphase des Bauvorhabens zu erarbeiten und in der Ausführungsphase an den aktuellen Stand der Arbeiten anzupassen. Eine weitere Forderung der Baustellenrichtlinie ist die Information der staatlichen Aufsichtsbehörden über das Bauvorhaben durch Abgabe einer Vorankündigung.
Das deutsche Arbeitsschutzrecht
Das deutsche Arbeitsschutzrecht ist als duales System auf zwei Säulen aufgebaut.
Die eine Säule bildet das staatliche Arbeitsschutzrecht, das als Bundesgesetzt durch die Bundesregierung zur Umsetzung der europäischen Richtlinien erlassen wird und dessen Einhaltung die Gewerbeaufsichtsbehörden der Länder kontrollieren. Die zweite Säule stellt das autonome Recht der Unfallversicherungsträger dar. Es basiert auf der Grundlage des Sozialgesetzbuches VII - Gesetzliche Unfallversicherung.
Auf Grundlage des §15 "Unfallverhütungsvorschriften" SGB VII dürfen die Unfallversicherungsträger Unfallverhütungsvorschriften erlassen und deren Einhaltung durch eine Aufsichtsperson kontrollieren.
Unterhalb dieser Gruppe von Rechtsvorschriften, findet man eine größere Gruppe der nicht- oder untergesetzlichen Regelwerke.
Dies sind z.B. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), Druckbehälter (TRD), die Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (RAB) oder die Arbeitsstättenrichtlinien (ASR).
Zu diesem Regelungskomplex gehören ferner auch die Normen (DIN, DIN EN, DIN VDE) und Richtlinien von unabhängigen Verbänden, wie VDI, VDMA, RAL, etc.
Im Bereich der Rechtsvorschriften der Berufsgenossenschaften finden wir ein untergesetzliches Regelwerk in Form von Berufgenossenschaftlichen Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz (BGR), Berufsgenossenschaftlichen Informationen (BGI) und Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen (BGG).
Das Arbeitsschutzgesetz
Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) ist die Grundlage des staatlichen Arbeitsschutzrechts.
Es setzt die EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG in nationales Recht um.
Das Gesetz gilt für alle Arbeitgeber und Beschäftigte der privaten Wirtschaft, des öffentlichen Dienstes, der freien Berufe und der Landwirtschaft. Der Arbeitgeber ist verantwortlich für den Arbeitsschutz im Unternehmen.
Er muss:
1. eine geeignete Organisation zur Durchsetzung von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz in seinem Unternehmen einrichten, unterhalten und die erforderlichen finanziellen Mittel bereitstellen,
2. die in seinem Unternehmen auftretenden Gefährdungen und Belastungen für die Beschäftigten ermitteln, dokumentieren, geeignete Schutzmaßnahmen treffen und deren Wirksamkeit kontrollieren
3. die Beschäftigten in seinem Unternehmen in angemessener und verständlicher Form über die bei der Arbeit auftretenden Gefährdungen und Belastungen sowie die vorgesehenen Schutzmaßnahmen unterrichten,
4. für besonders verantwortungsvolle und gefährliche Arbeiten dafür geeignete Mitarbeiter auswählen und denen die entsprechenden Aufgaben übertragen.
Da insbesondere das räumliche und zeitliche Zusammenarbeiten von Beschäftigten mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsort zu besonderen Gefahrensituationen führen kann, verpflichtet das Gesetz die Arbeitgeber sich und ihre Beschäftigten über die gegenseitig auftretenden bzw. möglichen Gefährdungen zu unterrichten.
Die Rechte und Pflichten der Beschäftigten sind ebenfalls im ArbSchG festgelegt. Sie sollen aktiv beim Arbeitsschutz mitwirken, sich sicher verhalten, festgestellte Gefahren melden und eigene Vorschläge machen.
Schlussendlich regelt das Gesetz die Befugnisse der Aufsichtsbehörden.
Das ArbSchG enthält nur allgemeine Vorgaben von Schutzzielen und Aufgaben für Sicherheit und Gesundheitsschutz. Im Einzelnen müssen diese Vorgaben durch Regelungen in spezielle Vorschriften umgesetzt und präzisiert werden.
Das erfolgt in Deutschland durch Rechtsverordnungen des zuständigen Bundesministeriums bzw. in bisher einem Fall durch eine Vorschrift der Unfallversicherungsträger.Verordnungen sind z.B.:
· ArbStätV
· BetrSichV
· PSA-BV
· LastenhandhabV
· BildscharbV
· BioSotffV
· MuSchRiV
· GefStoffV
und letztendlich die Baustellenverordnung auf die ich im nächsten Kapitel näher eingehen möchte
Die Baustellenverordnung
Die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen - Baustellenverordnung (BaustellV) stellt in der Reihe der Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz eine wichtige Ausnahme dar.
Erstmalig ist nicht der direkte Arbeitgeber (Unternehmer), sondern der Bauherr als Normadressat angesprochen.
Er ist Veranlasser der Baumaßnahme, die zu möglichen Gesundheitsgefährdungen und Sicherheitsdefiziten bei den ausführenden Arbeitnehmern und unbeteiligten Dritten führen können, er ist aber nicht direkt in der Lage, Maßnahmen zu deren Schutz zu ergreifen.
Aus diesem Grund werden an den Bauherren durch den Gesetzgeber hauptsächlich organisatorische Aufgaben gestellt. Er muss bestimmte Maßnahmen veranlassen und deren Umsetzung selbst oder durch einen Beauftragten kontrollieren lassen. So hat er zu gewährleisten, dass bereits bei der Planung von Bauvorhaben die allgemeinen Arbeitsschutzgrundsätze nach §4 ArbSchG beachtet werden.
Dies gilt nicht nur für die eigentlich Errichtung von Bauwerken, sondern auch für deren spätere Nutzung und Unterhaltung, sowie für eine mögliche Beseitigung.
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, ist es erforderlich, die in den einzelnen Phasen der Bauwerksentstehung und des Bauwerkslebens auftretenden Gefährdungen zu bewerten und sinnvolle Schutzmaßnahmen zu treffen.
Da an der Qualifikation des Bauherren keinerlei Ansprüche gestellt werden können, hat der Gesetzgeber dem Bauherren für bestimmte Fälle die Bestellung einer für diese Aufgabe befähigten Person - den Sicherheits- und Gesundheitsschutz Koordinator - auferlegt.
Der SiGeKo muss den Bauherren (sowie dem Architekt, Fachplaner, ) bei der Umsetzung der Forderungen von Sicherheit und Gesundheit auf der Baustelle beraten und unterstützen.
Der SiGeKo ist verpflichtet, die Zusammenarbeit der am Bau tätigen Unternehmer zu koordinieren, darauf zu achten, dass die Grundsätze des §4 ArbSchG eingehalten und umgesetzt werden, die verwendeten Arbeitsverfahren, Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe den Anforderungen der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz entsprechen und die Beschäftigten über die auftretenden Gefährdungen und die notwendigen Schutzmaßnahmen informiert werden.
Die BaustellV stellt aber nicht nur Forderungen für den Bauherren auf, sondern legt auch fest, dass die am Bau tätigen Unternehmer, gleichgültig ob mit oder ohne Beschäftigten, die grundlegenden Forderungen des Arbeitsschutzes einhalten müssen und dafür Sorge zu tragen haben, dass durch ihre Tätigkeit nicht Gefahren für eigene Mitarbeiter
oder dritte Personen ausgehen.
Sie sind weiterhin verpflichtet, die Vorgaben des Sicherheits- und Gesundheitsschutz Planes und des SiGeKo zu beachten und umzusetzen.
Die Präzisierung der Forderungen der BaustellV erfolgt in einem Technischen Regelwerk, den Regeln für Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB).